Gegenden
2010 - 2012
Gegend heißt das, was uns in Reichweite vor Augen liegt - sagen Jacob und Wilhelm Grimm in ihrem Deutschen Wörterbuch. Nun liegt das, was ich male, gerade nicht vor meinen Augen, ich trage keine Staffelei ins Gelände oder zeichne nicht Bildvorlagen nach der Natur. Dennoch möchte ich das, was da entsteht, Gegenden nennen. Ich gewinne in meinen Farbblättern ein Gegenüber, das an Landschaftliches, das ich gesehen habe oder gesehen haben könnte, erinnert. Das Vertraute vergegenwärtigt. Eher noch: andeutet. Ich finde mich im Gegenüber wieder, das aus Farbvorgängen entsteht. Aquarell ist die beweglichste Möglichkeit, aus Farbe etwas zu gewinnen, wenn man sich nicht auf die Tradition der Wasserfarbenmalerei einschränkt mit ihren tausend behutsamen Regeln, sondern die in Wasser gelösten flüchtigen Farbstoffe auf einander einwirken läßt, sie in ihrer Stofflichkeit wahrnimmt, einsetzt und mischt, absinken läßt und löscht. In offenem Vorgang tritt zutage, was in einverleibten Eindrücken, im Vorrat unserer Vorstellungen bewahrt ist. Das mag im Grunde einfach sein, wird in der jeweiligen Ausformung jedoch vielfältig, regt die Vorstellung des Betrachters an, gerade weil nichts fixiert ist, sondern mannigfache Deutungen zuläßt. Es ist eins mit dem andern verbunden, im Fluß.